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Elf Jahre Haft für deutschen Dschihadisten

Jul 16, 2015 | Studies & Reports

Elf Jahre Haft für deutschen Dschihadisten

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Der Syrienkämpfer hatte sich an einem Angriff auf das Zentralgefängnis in Aleppo beteiligt. Vor Gericht gestand er seine Schuld und plauderte über seine Kampfgefährten – zur Freude der deutschen Anklagebehörden.

Der Angriff war gut geplant: 1.600 Dschihadisten stürmten im Februar vergangenen Jahres das Zentralgefängnis der nordsyrischen Stadt Aleppo. Ausgerüstet waren sie mit Panzern und schweren Maschinengewehren. Zwei Aufseher und fünf Insassen starben.
Einer der Angreifer war Harun P. Er kämpfte für die Terrgruppe Junud al-Sham, einem Konkurrenten des Islamischen Staates. Als der gebürtige Afghane ein Jahr später versuchte nach Deutschland zurückzukehren, wurde er in Prag festgenommen.
Die Geschichte von Harun P. wird in einem deutschen Gefängnis fortgeschrieben. Denn das Oberlandesgericht in München hat den 27-jährigen Deutschen am Mittwoch zu elf Jahren Haft verurteilt – wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes während des Angriffs in Aleppo. Es ist die erste langjährige Haftstrafe gegen einen Syrien-Rückkehrer in Deutschland. Mit dem harten Urteil sollen weitere junge Terror-Romantiker abgeschreckt werden.

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Glücksfall für Anklage
Für den Generalbundesanwalt und seine Terroristenjäger ist der Prozess aber auch ein absoluter Glücksfall. Denn Harun P. hat vor Gericht umfangreich ausgepackt: Er hat Listen mit Namen anderer Dschihadisten zu Protokoll gegeben. Seine präzisen Angaben über Zuständigkeiten und hierarchische Stellungen innerhalb der Terrororanisation Junud al-Sham konnten bereits in zwei weiteren Terrorprozessen verwendet werden.
Sicherheitsexperten frohlocken, ein so umfassendes Geständnis eines deutschen Dschihadisten sei beispiellos. Und die Informationen dürften den Anklägern viel Stoff für weitere Strafverfahren liefern.
Deutschland erlebt derzeit eine regelrechte Welle von Terrorprozessen gegen Syrien-Rückkehrer. Allein in diesem Jahr hat der Generalbundesanwalt zehn Anklagen gegen 23 Männer erhoben. Die Urteile stehen noch aus.
Weitere Prozesse gegen Syrien-Rückkehrer
Die Geschichten der angeklagten mutmaßlichen Dschihadisten haben viele Ähnlichkeiten: Die meisten Männer sind jung und nach Deutschland eingewandert und haben sich dann hier irgendwann radikalisiert. In den Dschihad zogen sie offenbar in der Regel über die Türkei. Nach Ankunft im syrischen Kriegsgebiet sollen die meisten zunächst eine Waffenausbildung absolviert haben. Laut den Anklageschriften gab es für sie danach viele Verwendungen: als Kämpfer, Schleuser, Geldboten, Werber für neue Mitglieder oder Hersteller von Propaganda-Videos.
Sicherheitsexperten rechnen damit, dass die Prozesswelle weiter anschwillt. Denn mit den neu gewonnen Erkenntnissen aus den laufenden Verfahren steigt die Wahrscheinlichkeit weiterer Anklagen.
Dem Dschihad abgeschworen?
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Die Faszination Dschihad in Deutschland und Europa scheint derzeit ungebrochen. Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass bereits 700 Deutsche für die verschiedenen Terrororganisationen in das syrisch-irakische Kriegsgebiet ausgereist sind. Rund 230 Dschihadisten sollen schon wieder nach Deutschland zurückgekehrt sein. Viele von ihnen dürften auch strafbare Handlungen begangen haben. Wer in die Fänge der Polizei gerät, betont allerdings oft, er habe “nur humanitäre Hilfe” leisten wollen.
Über die Motive, warum diese Menschen nach Deutschland zurückkehren, wissen Polizei und Nachrichtendienste bislang nur wenig. Einige scheinen von der Grausamkeit des Krieges traumatisiert zu sein, andere enttäuscht vom Alltag des Dschihadistenlebens. Das größte Kopfzerbrechen bereitet den Sicherheitsexperten aber die Frage, wie viele Rückkehrer weiter für den Dschihad aktiv sind. Denn aktive Dschihadisten bleiben selbst noch im Gefängnis gefährlich. Hier finden sie oft leichte Beute: haltlose junge Männer, die sich für das vermeintliche Abenteuer Dschihad begeistern lassen.
Milde Härte
Harun P. dürfte nicht zu ihnen zählen. Denn durch sein umfangreiches Geständnis hat er den Hass der Dschihadisten-Szene auf sich gezogen. Das hat ihm das Münchener Gericht strafmildernd angerechnet.
Das ist die Botschaft des Münchener Urteils: Wer von Deutschland aus in den Dschihad zieht, wird hart bestraft. Wer aber den Behörden beim Kampf gegen Dschihadisten hilft, kann zumindest mit milder Härte rechnen.
DW

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